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Teil 2, Neues Testament

Der Begriff „Neues Testament“ (NT) hat sich aus dem griechischen „kaine diatheke“ entwickelt, was „neuer Bund“ heißt und ins Lateinische mit „novum testamentum“ übersetzt worden ist.

Jesus Christus benutzt den Begriff beim letzten Abendmahl:

„Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird.“
Lukas 22,20.

Die Geschichte des Lebens, Sterbens und der Auferstehung Jesu (ca. 7 v. Chr. oder 0? bis ca. 30 n. Chr.), seine Lehren und die Lehren seiner Jünger sind Inhalt des Neuen Testamentes.

Auswendiglernen wurde zu dieser Zeit mehr geübt als heutzutage. Schon früh bewahrten seine Mutter und die Jünger (Apostel) ihre Erlebnisse und die Reden Jesu in ihren Herzen (Lukas 2,51).
Es ist durchaus möglich, dass sie sich von den Reden Jesu auch Notizen gemacht haben.


Ein Notizbuch aus der Zeit Jesu (Replik):


Wachstafeln (Diptychon/Pinax) mit einem Stylus (Replik)


Die Holztäfelchen wurden mit rußgeschwärztem Bienenwachs gefüllt und glatt gestrichen. Mit Hilfe eines meist metallenen Stylus konnten dann Worte in das Wachs eingeritzt werden.

Der (zeitweise) stumme Zacharias schrieb z. B. den Namen, den sein Sohn erhalten sollte: „Johannes“ auf solch ein Täfelchen (Lukas 1,63).

Die Überlieferung erfolgte größtenteils allerdings wohl mündlich. Es wird angenommen, dass erst gegen Mitte des ersten Jhdt., also ca. 50 n. Chr. erste schriftliche Berichte, die Evangelien, entstanden. Zeitgleich schrieb Paulus erste Briefe an Gemeinden.
Die entstandenen Schriften wurden in den Christengemeinden gesammelt, vorgelesen, kopiert und zwischen den Gemeinden ausgetauscht.

Ohne dass es einen Plan, oder Absprachen gegeben hätte, entstanden von sehr unterschiedlichen Persönlichkeiten an ganz unterschiedlichen Orten, für unterschiedliche Zielgruppen Schriften, die zusammen ein wunderbares Ganzes bilden.

Die vier Evangelisten beschreiben Jesus von unterschiedlichen Standpunkten aus: So schildert Matthäus Jesus als Messias und König der Juden, Markus hingegen zeigt Jesus als Knecht, Lukas, der Arzt, beschreibt ihn als wahren Menschen, während Johannes ihn als Gottes Sohn darstellt. Wie man ein Haus aus vier Richtungen beschreiben kann und zusammen ein vollständiges Bild des Hauses entsteht, wirken sie zusammen.


Kupferstiche der vier Evangelisten, wie man sie sich um 1700 vorstellte.

Matthäus schrieb sein Evangelium in Hebräisch, die anderen Schriften des NT wurden in Griechisch verfasst. Mit der Offenbarung des Johannes, die ca. 95 n. Chr. entstand, wurden die 27 Bücher des NT abgeschlossen:

Matthäus-Evangelium, Markus-Evangelium, Lukas-Evangelium, Johannes-Evangelium, Apostelgeschichte;

Paulusbriefe: Brief an die Römer, 1. Brief an die Korinther, 2. Brief an die Korinther, Brief an die Galater, Brief an die Epheser, Brief an die Philipper, Brief an die Kolosser, 1. Brief an die Thessalonicher, 2. Brief an die Thessalonicher, 1. Brief an Timotheus, 2. Brief an Timotheus, Brief an Titus, Brief an Philemon, Brief an die Hebräer;

Katholische Briefe: Jakobusbrief, 1. Petrusbrief, 2. Petrusbrief, 1. Johannesbrief, 2. Johannesbrief, 3. Johannesbrief, Judasbrief;

Offenbarung des Johannes (Apokalypse).

Es wird angenommen, dass Matthäus sein Evangelium in Syrien schrieb, Markus in Rom, Lukas in Griechenland und Johannes in Ephesus.

Die Briefe wurden an verschiedene Personen und Gemeinden an unterschiedlichen Orten geschrieben.
Die Offenbarung war an 7 Gemeinden gerichtet. Der Galaterbrief, der Jakobusbrief und die Petrusbriefe waren an ganze Gegenden mit diversen Gemeinden gerichtet.

Schon in den Briefen selbst finden wir Hinweise darauf, dass die Gemeinden untereinander die Briefe austauschten (Kolosser 4,16).
Sicher werden sie eine Abschrift angefertigt haben und entweder die Abschrift oder das Original weitergeleitet haben.

Schon zu Zeiten der Apostel waren ihre Briefe so weit verbreitet und wurden in den Gemeinden im Gottesdienst verlesen.
Petrus verweist z. B. in seinen Briefen auf die Briefe des Paulus (2. Petrus 3, 15).
Er kannte also die Paulusbriefe und konnte sie bei seinen Lesern als bekannt voraussetzen.

Wie schnell sich die Schriften des NT verbreiteten, zeigt der Fund eines Papyrusschnipsels: Der „P 52“ oder „John-Ryland-Papyrus“ genannte Schnipsel wird auf 100-125 n. Chr. datiert. Er wurde in Ägypten gefunden und stammt aus einem Johannesevangelium. Man geht davon aus, dass Johannes, der als einziger Apostel nicht den Märtyrertod starb, seine Schriften ziemlich spät verfasste. Die Entstehung des Johannesevangeliums wird 85 n. Chr. angenommen.
So kann man davon ausgehen, dass ca. 20 Jahre nach Entstehung des Originals in Ephesus bereits eine Abschrift in Ägypten existierte.


Faksimile des P 52 / John-Ryland-Papyrus (ca. 100-125 n. Chr.)

Der P 52 enthält den Text Johannes 18,31-33 und auf der Rückseite Johannes 18,37-38. Daraus kann man schließen, dass er aus einem Kodex stammt. Der Kodex war die Erfindung der Buchform, wie wir sie kennen: Mehrere Papyrusblätter wurden gefaltet, ineinander gelegt und mit einem Faden zusammengeheftet. Kodizes waren einfacher zu handhaben als die bis dahin üblichen Schriftrollen. Vermutlich haben sogar die Christen, um die Fülle ihrer Schriften besser handhaben zu können, den Codex erfunden. Dieser verdrängte allerdings erst im 3. Jhdt. n. Chr. endgültig die Schriftrolle.


Faksimile des koptischen „Proverbien-Kodex“ (ca. 300 n. Chr.) aus der Papyrussammlung der Staatlichen Museen zu Berlin.

Die gebündelten Papyrusblätter, hier 43 Doppelblätter in einer einzigen Lage (!), wurden zwischen Holz- oder (wie in diesem Fall) Lederdeckeln aufbewahrt.

Das gleiche Prinzip wurde auch mit Pergamentblättern angewendet. Pergament war allerdings haltbarer, aber auch teurer als Papyrus.

Pergament wurde aus Schaf-, Ziegen- oder Kalbsleder hergestellt. Das Leder wurde nicht gegerbt, sondern mit einer scharfen Kalklauge gebeizt. Mit einem Schabeisen wurden die aufgeweichten Haare und Fettreste abgeschabt. Anschließend wurde es mit einem Bimsstein geglättet und zum Trocknen auf einen Rahmen gespannt.

Benannt ist Pergament nach der Stadt Pergamon in der heutigen Türkei:
Einer Legende nach begann die Bibliothek von Pergamon der größten Bibliothek der alten Welt in Alexandria, Ägypten, so große Konkurrenz zu machen, dass die Ägypter die Ausfuhr von Papyrus nach Pergamon verboten (Anfang d. 2. Jhdt. v. Chr.).
In Pergamon war man so gezwungen sämtliche neue Bücher als Lederrollen anzufertigen. Dabei perfektionierte man das Schreibmaterial Leder und erfand so das Pergament.
Pergament blieb in Europa bis ins Mittelalter der am meisten benutzte Beschreibstoff.

Pergament eignete sich wesentlich besser für Kodizes, da Papyrusblätter am Falz leicht zerbröselten.

Noch heute benutzt man übrigens Pergament-Kodizes, die fast wie vor 2.000 Jahren hergestellt werden, in Äthiopien.


Ledertasche und Kodex (ca. 19. Jhdt.) aus Äthiopien



Pergament-Kodex aus Äthiopien


Bereits im 2. Jhdt. n. Chr. kristallisierte sich heraus, welche Schriften von den Gemeinden allgemein anerkannt wurden. Endgültig wurde der Kanon des NT (Liste der heiligen, von Gott inspirierten Schriften) im 4. Jdt. n. Chr. festgelegt.
Zu diesem erstaunlich einvernehmlich ablaufenden Prozess empfehle ich „Näher am Original?“ von Karl-Heinz Vanheiden, ISBN 978-3-417-20678-4.

[Jedenfalls waren solche Schriften, wie das Judas- oder Thomasevangelium, die erst deutlich nach der Apostelzeit entstanden, niemals in den Gottesdiensten allgemein in Gebrauch und standen nie auch nur im Entferntesten in der Diskussion, als heilige Schriften anerkannt zu werden].

Ihre heiligen Schriften wurden von den Gläubigen, wie schon oben erwähnt, tüchtig kopiert. So ist das NT das „bestbezeugte Buch des Altertums. Von keinem Werk des Altertums gibt es mehr Handschriften. Außerdem reichen die neutestamentlichen Handschriften, die wir heute besitzen, ganz dicht an die berichteten Ereignisse heran. Auch das unterscheidet das Neue Testament von allen anderen Büchern der Antike.“ (Karl-Heinz Vanheiden, a. a. O. S. 48).

Bis heute hat man ca. 5.700 griechische Handschriften des NT oder von Teilen des NT entdeckt, ca. 9.000 Handschriften antiker Übersetzungen und ca. 36.000 Zitate von Schriften des NT aus den Schriften der Kirchenväter des 1. u. 2. Jhdts..

[Regelmäßig aufkommende Verschwörungstheorien, Kaiser Konstantin (306-337 römischer Kaiser) habe Reinkarnation, Maria Magdalena oder Aliens aus dem NT entfernen lassen, sind anhand von Schriftfunden aus der Zeit vor Konstantin übrigens einfach zu widerlegen. Es gibt inzwischen genügend Funde aus der Zeit vor Konstantin, um zu belegen, dass der Text des NT vor Konstantin nicht von dem Text nach Konstantin abweicht].


Abschrift der Petrusbriefe um 200 n. Chr. auf Papyrus (Faksimile).


In den ersten Jahrhunderten waren die Christen immer wieder Verfolgungen ausgesetzt, bis Konstantin sie als gleichberechtigte Religionsgemeinschaft anerkannte (313 n. Chr. Toleranzedikt von Mailand).

Oft war es bei Todesstrafe verboten heilige Schriften zu besitzen und so erfolgte das Kopieren der Schriften oft im Geheimen und in sehr schlichter Form.
Im 4. Jahrhundert änderte sich dies und prächtige Pergament-Kodizes entstanden: 


Faksimileblatt des Codex Vaticanus (um 350 n. Chr.)

Der Codex Vaticanus gilt zusammen mit dem Codex Sinaiticus als die bedeutendste Handschrift des NT. Er enthält fast das gesamte AT und NT.



Faksimileblatt des Codex Sinaiticus (um 350 n. Chr.)

Der Codex Sinaiticus enthält das gesamte NT und große Teile des AT. Er wurde im 19. Jhdt. von Konstantin von Tischendorf im Sinaikloster entdeckt. Tischendorf hatte es sich zum Ziel gesetzt, Handschriften zu finden, die möglichst nah an die Urtexte heranreichen, um die zu seiner Zeit aufkommende Bibelkritik zu widerlegen.
Mit Erfolg!

In der Spätantike und im Mittelalter wurden Bibeln in Schreibstuben (Skriptorien) vervielfältigt. Diese waren meist Klöstern angegliedert. Mönche schrieben die Texte ab. Dabei gingen sie nicht so sorgfältig vor wie die jüdischen Rabbiner bei der Überlieferung des AT. Teilweise wurden die Texte diktiert, um so von einer Vorlage gleich mehrere Abschriften herstellen zu können.
Ohne Frage kam es dabei auch zu Fehlern. Zu ca. 5% des Textes des NT gibt es unterschiedliche Schreibweisen (Varianten). Diese unterscheiden sich aber oft nur minimal. Außerdem ist es der Textforschung aufgrund der Vielzahl der vorhandenen Handschriften und auch aufgrund des Alters der Handschriften in der Regel möglich zu rekonstruieren, wie der ursprüngliche griechische Text lautete. So haben diese Varianten kaum Einfuss auf den Inhalt des NT und keine bedeutende Lehraussage des NT ist durch Varianten gefährdet. Nach der Masse bekannter Handschriften ist es auch absolut unwahrscheinlich, dass jemals eine Variante gefunden wird, die bedeutende Korrekturen nahelegen würde.


Natürlich erreichte das sich schnell ausbreitende Christentum auch Menschen die kaum oder kein Griechisch sprachen. So gab es schon in den ersten Jahrhunderten mehrere Übersetzungen der Bibel ins Syrische (Aramäisch), in verschiedene koptische Dialekte, in Äthiopisch, Arabisch, Armenisch... und nicht zuletzt ins Lateinische.


Novum Testamentum Syriace, gedruckt 1664 in Hamburg.

Auch die Zahl der Varianten wuchs mit den Übersetzungen. Keine Übersetzung kann alle Schattierungen des Urtextes wiedergeben. So waren und sind Übersetzungen stets von dem Bemühen geprägt, einerseits den Sinn des Urtextes so genau wie möglich wiederzugeben, andererseits aber auch einen flüssig lesbaren Text abzuliefern.

Während im Ostteil des römischen Reiches Griechisch die Hauptsprache blieb, setzte sich im Westteil mehr und mehr das Lateinische durch und blieb bis zur Neuzeit die gängige Weltsprache, vergleichbar mit dem Englischen heute.

Die Kirche hatte ein Interesse daran, die verschiedenen altlateinischen Übersetzungen, die kursierten, zu harmonisieren und so wurde 382 n. Chr. der Gelehrte Hieronymus vom römischen Bischof Damasus beauftragt, eine Revision der lateinischen Bibel anzufertigen.
Nach etwa 20 Jahren Arbeit in einem Kloster in Bethlehem stellte er seine lateinische Übersetzung fertig (405 n. Chr.), die den Namen „Vulgata“ erhielt. „Vulgata“ bedeutet „einfach“. Hieronymus hatte die Vulgata in der einfachen Sprache des Volkes gehalten. Dies ist nur konsequent, da auch die heiligen Schriften des NT im umgangssprachlichen Koine-Griechisch geschrieben waren. Die Bibel war immer schon ein Buch für alle Menschen, nicht nur für Gelehrte.


Vulgata von 1730 (Lateinische Bibel)  


In den folgenden Jahrhunderten hat sich das Christentum als Religion etabliert.
Kaiser, Könige und Päpste gaben Prunkhandschriften in Auftrag, die mit Miniaturmalereien verziert wurden:


Faksimileblatt des Codex Purpureus Rossanensis aus dem 6. Jhdt.

Der Codex Purpureus Rossanensis (Purpurkodex von Rossano) wurde vermutlich im
6. Jhdt. in Syrien als Evangeliar geschrieben.
Erhalten ist noch das gesamte Matthäusevangelium und Teile des Markusevangeliums.
Für die Herstellung des Codex wurden Pergamentblätter mit Purpur eingefärbt und mit goldener und silberner Schrift und vielen Miniaturmalereien geschmückt.

Von Kirchenvätern wie z. B. Hieronymus wurden solche Prunkhandschriften verurteilt, weil sie das göttliche Wort durch die glänzende Ausstattung vernebeln würden. Dennoch sind sie ein Beleg dafür, welchen Stellenwert die Bibel in der Kultur besaß.

Eine der bekanntesten und prächtigsten Bibelhandschriften ist das Book Of Kells, das um 800 n. Chr. entstand und die Evangelien, reich verziert mit keltischen Mustern, enthält:


Faksimileblatt des Book of Kells (ca. 800 n. Chr.)


Der Trend zu großen und prächtigen Bibeln hält bis heute an, wenn man auf die Kirchenaltäre schaut. Im 13. Jahrhundert kam allerdings ein weiterer Trend hinzu. Nicht zuletzt durch die Kreuzzüge hatte eine „Globalisierung“ eingesetzt. Menschen waren oft auf längeren Reisen unterwegs, auch Geistliche. Der Bedarf nach handlichen Bibeln wuchs.

Insbesondere in Frankreich und Italien entstanden Bibeln in Miniaturschrift auf Jungfernpergament. Dazu gebrauchte man sehr dünnes Pergament aus den Häuten neugeborener (oder teilweise auch noch ungeborener) Lämmer und Zicklein. Auf das Pergament schrieb man den Text nicht wie sonst üblich mit dem Kiel einer Gänsefeder, sondern einer Spatzenfeder. Außerdem wurden reichlich Abkürzungen im Text benutzt. Das Ergebnis dieser mühsamen Arbeit war erstaunlich: Erstmals hatte man handliche Bibeln zur Verfügung, die ungefähr dem Format entsprechen, welches heutzutage gängig ist.


Blatt aus einer Bibel, Paris um 1250 n. Chr., im Format 18x12,5cm.


Ein weiterer Trend dieser Zeit war die Verwendung von Comics für geistliche Zwecke: Zur Seelsorge und Unterweisung Leseunkundiger entwickelten die Mönche Armenbibeln (lat. Biblia Pauperum), die in erster Linie Bilderhandschriften mit erklärendem Text waren.


Faksimile der Salzburger Armenbibel (ca. 1380 n. Chr.)

Die Armenbibeln waren in der Regel typologisch angelegt. Das bedeutet, dass Bilder von Typen (Vorbildern) des AT mit Bildern von ihrer Erfüllung im NT kombiniert dargestellt wurden. Auf diesen Seiten der Salzburger Armenbibel ist z. B die Kreuzigung Jesu mit der Opferung Isaaks und der ehernen Schlange kombiniert und die Auferstehung Jesu mit Joseph im Brunnen und Jona im Fisch.

Spruchbänder an den Personen geben Dialoge wieder. Diese Spruchbänder waren die Vorläufer der Sprechblasen in modernen Comics.


Ab 1430 begann man diese Armenbibeln im Blockbuchverfahren zu drucken. Dazu schnitt man die Bilder und Texte einer Seite in eine Holzplatte. Diese wurde mit Tinte eingefärbt und auf ein Blatt gedrückt. Teilweise wurde der Text auch noch von Hand ergänzt.

Holzschnitte wurden erstmals von den Chinesen im 6. Jhdt. gedruckt. Im 15. Jhdt. wurden sie für Einblattdrucke und Blockbücher in Europa verwendet. Noch bis ins 19 Jhdt. wurden sie neben Kupferstichen (das gleiche Prinzip, nur mit Kupfer- statt Holzplatten, wurde auch ab 1430 verwendet) zur Buchillustration verwendet. Später benutzen Expressionisten z. B. Hozschnitte noch als Kunstform.


Faksimile der Biblia Pauperum Esztergom, Blockbuch um 1470 n. Chr.

Da Holzschnitte auf Pergament nur unbefriedigende Ergebnisse lieferten (sämtliche bekannten Blockbücher sind auf Papier gedruckt), war ihr Auftauchen eng mit der Einführung des Papiers in Europa verbunden.

Erfinder des Papiers war (nach den Wespen) der chinesische Hofbeamte Ts’ai Lun 105 n. Chr.. Erst wie ein Geheimnis gehütet, gelangte die Erfindung über Korea nach Japan und war um 700 n. Chr. in ganz Ostasien verbreitet. Über Handelswege gelangte sie 760 n. Chr. ins arabische Reich und um 1150 n. Chr. nach Südeuropa.

In Deutschland wurde erst 1390 n. Chr., in Nürnberg, die erste Papiermühle in Betrieb genommen.

Das Papier wurde aus Stoffresten (Baumwoll-, Hanf- oder Leinenlumpen) hergestellt. Die Lumpen wurden in einer Papiermühle zerstampft und in einzelne Fasern zerlegt. Aus einem Fass (Bütt) schöpfte der Büttengeselle mit einem Sieb diesen Faserbrei. Dabei schüttelte er das Sieb, die Fasern verflochten sich und setzten sich im Sieb ab. Daher kommen auch die Begriffe „Papierschöpfen“ und „Büttenpapier“. Oft hatten die Siebe in ihrem Drahtgeflecht ein Zeichen, das im fertigen Papier als Wasserzeichen sichtbar blieb. Der Gautscher leerte das Sieb auf einem Filzbogen aus. Stapelweise wurden diese Filz/Papier-Lagen in einer Spindelpresse ausgedrückt. Danach wurden die Papierbögen zum Trocknen aufgehängt

Der Nachteil der Hozschnitte für Textdrucke war, dass die Platten statisch waren und nur für den selben Text  verwendet werden konnten. Außerdem war Holz anfällig für Risse und Abnutzung.

Eine Revolution war daher die Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern durch Johannes Gutenberg. Genauer gesagt ist er genauso der Erfinder des Druckens mit beweglichen Lettern wie Columbus der Entdecker Amerikas. Vor Columbus waren die Wikinger in Amerika und vor Gutenberg hatten die Chinesen mit beweglichen Lettern gedruckt. Aber erst die Fahrt des Columbus und der Druck Gutenbergs hatten weltgeschichtliche Auswirkungen. Da die chinesische Schrift aus 40.000 Wortbildern besteht, konnte der Druck mit beweglichen Lettern nicht die Auswirkung haben wie der Druck Gutenbergs mit dem lateinischen Alphabet.

1041-1049 hat in China Pi Sheng bewegliche Lettern aus Ton hergestellt. Bald nach 1300 druckte Wang Cheng mit beweglichen Lettern aus Holz. Im 14. Jhdt. wurden unter den Mongolen bewegliche Lettern aus Zinn gegossen. 1403 goss man in Korea für den Fürsten T’ai Tsung einen Satz von 100.000 Kupfertypen.

Vermutlich besteht zwischen den ostasiatischen Drucktechniken und Gutenbergs Erfindung aber kein Zusammenhang

Gutenberg (um 1400-1468 n. Chr.) begann nach ca. 10jährigen Experimenten um 1450 mit dem Buchdruck mit beweglichen Lettern.

Kernstück der Erfindung war zweifellos das so genannte Handgießgerät, eine handliche, kleine, zerlegbare und verstellbare Gießform, mit deren Hilfe man schnell und unkompliziert eine große Zahl gleichartiger Lettern herstellen konnte.

Gutenberg musste außerdem eine geeignete Legierung für die Lettern finden, die einerseits leicht schmelzbar, andererseits aber auch nicht zu weich sein durfte, um ein schnelles Abnutzen zu vermeiden.

Auch die herkömmliche Tinte konnte er nicht verwenden, da sie nicht an Metall haftete. So entwickelte er ölhaltige Druckerschwärze.

Last but not least konstruierte er auch noch eine Druckerpresse für den Druckvorgang. Er muss wirklich ein Genie gewesen sein! Wie ausgereift Gutenbergs Entwicklung war, zeigt schon der Umstand, dass Jahrhunderte vergehen sollten, bis es zu wesentlichen technischen Verbesserungen kam.


(Verkleinertes) Modell der Druckerpresse Gutenbergs.


Gutenberg war nicht nur ein genialer Erfinder, sondern auch ein hervorragender Drucker. Nach einem Druck der Donatus-Lateingrammatik und von Ablassbriefen und Kalendern druckte er um 1452 n. Chr. als erstes größeres Buch die berühmte 42zeilige lateinische Bibel. Später druckte er noch eine zweite, 36zeilige, lateinische Bibel.

Seine Bibeln gehören noch heute zu den schönsten Drucken, die je gefertigt wurden.

Das ist als ob Carl Benz nicht nur irgendein Auto mit Verbrennungsmotor erfunden hätte, sondern gleich einen Mercedes SLK Kompressor mit ABS und Airbags!

Seine Herausforderung bestand darin, ein Druckbild zu erzeugen, welches es mit den schönsten Handschriften aufnehmen konnte. Für die 42zeilige Bibel goss Gutenberg daher nicht für jeden Buchstaben des Alphabets eine Type, sondern insgesamt 290 verschiedene Typen. Dadurch war es ihm möglich einen perfekten Blocksatz zu erzeugen. Nicht geschummelt, wie in Computerschreibprogrammen, indem die Lücken angepasst werden, sondern in einem gleichmäßigen Schriftbild!


Faksimileblatt der 42zeiligen Gutenbergbibel, 1452-1455 n. Chr.

 


Lateinische Handschrift um 1450 auf Pergament.

 


Faksimileblatt der 36zeiligen Gutenbergbibel, 1459 n. Chr.

 
Vermutlich druckte Gutenberg von der 42zeiligen Bibel 135 Papier- und 45 Pergamentexemplare. Erhalten sind 48 Exemplare, 20 davon weitestgehend vollständig, 12 auf Pergament, 36 auf Papier gedruckt.

Die Überschriften, Initialen und ggf. Illuminationen wurden nachträglich durch einen Rubrikator von Hand ergänzt.

Die vermuteten Preise schwanken zwischen 20 Gulden für ein ungebundenes Papierexemplar bis zu 100 Gulden für ein illuminiertes Pergamentexemplar.

Ein Handwerksmeister verdiente damals 20-30 Gulden im Jahr, ein solides Stadthaus kostete 80-100 Gulden. 


Durch den Druck bestand nun die Möglichkeit mit einem einzigen Satz eine Vielzahl von Büchern zu drucken. In Verbindung mit dem billigen Papier konnten Druckerzeugnisse ihre weite Verbreitung erreichen und wurden bald (fast) allen Menschen zugänglich.

 

Bücher, die bis 1500 gedruckt wurden, nennt man Wiegendrucke, Frühdrucke oder lat. Inkunabeln (lat. incunabula "Windeln, Wiege"), da der Druck noch „in den Kinderschuhen steckte“.

 
Im 15 Jhdt. wurden im deutschsprachigen Raum 54 lateinische Bibeln gedruckt: 17 in Basel, 14 in Mainz, Bamberg und Nürnberg, 13 in Straßburg, 7 in Köln, 2 in Speyer, 1 in Ulm.
Maßgebliche Ausgaben der Vulgata erfolgten 1590 durch Papst Sixtus V. und 1592-1598 durch Papst Clemens VIII.

 
Die erste hebräische Bibel druckte Nathan Soncino 1488 in Soncino/Italien, dessen jüdische Familie aus Deutschland (Speyer) stammte. Am weitesten verbreitet war die dritte Ausgabe, die Gersom Soncino 1494 in Brescia druckte. Ein Exemplar lag Luther für seine Bibelübersetzung vor.

 
1516 erschien die erste Druckausgabe eines griechischen NT durch Erasmus von Rotterdam. Da die folgenden Ausgaben des griechischen NT im Großen und Ganzen von Erasmus abkupferten, bildeten die dem Erasmus zur Verfügung stehenden Handschriften die nächsten beiden Jahrhunderte die Grundlage für sämtliche Übersetzungen des NT aus dem Grundtext (sog. Textus Receptus).

Johann Albrecht Bengel war der erste, der bei seiner Ausgabe des griechischen NT (1734) von diesem Text abwich, indem er weitere Handschriften hinzuzog. 


Griechisches NT von Johann Albrecht Bengel, 1734 n. Chr.

Die Abweichungen unter den Handschriften sind minimal. Sie haben keinerlei Einfluss auf den Inhalt des NT, aber für möglichst wortgetreue Bibelausgaben ist es wichtig, den bestmöglichen Text zu rekonstruieren. Die Regeln, die Bengel für diese Textkritik (nicht zu verwechseln mit Bibelkritik! Mit Textkritik ist vielmehr Kritik an Abschreibefehlern gemeint, mit dem Ziel diese herauszufiltern.) aufstellte, sind noch bis heute gültig.

Im 19. Jahrhundert wurden die Ausgaben Tischendorfs maßgebend, der mit unermüdlichem Eifer Handschriften zusammengetragen und ausgewertet hatte. Seine 8. Ausgabe von 1869/72 ist noch bis heute von Fachleuten geschätzt und in Benutzung.

Im 20. Jahrhundert wurden mit Hilfe modernsten Forschungsmethoden insbesondere von Eberhard Nestle und Kurt Aland in mehreren Auflagen und vielen hunderttausenden Exemplaren griechische NT vom Institut für neutestamentliche Textforschung  herausgegeben, die Theologen und Übersetzern einen umfassenden Überblick über die vorhandenen Textvarianten bieten.

Bitte beachten Sie auch die Seite „Geschichte der deutschen Bibel“:
Geschichte der dt. Bibel

Die Bibel ist das meistgedruckte und am weitesten verbreitete Buch der Welt.

Lt. Deutscher Bibelgesellschaft können einzelne Schriften der Bibel jetzt in 2.508 Sprachen gelesen werden. Die vollständige Bibel ist in 459 Sprachen übersetzt. Neue Testamente gibt es in 1213 Sprachen (Stand 31.12.2009).